Was sind Motoneuronerkrankungen?
Bei Motoneuronerkrankungen handelt es sich um Erkrankungen des motorischen Nervensystems. Die Leitsymptome sind eine voranschreitende Muskelschwäche („Parese“) sowie Muskelverschmächtigungen („Atrophie“) häufig mit Muskelzuckungen („Faszikulation“) oder eine Muskelsteifigkeit („Spastik“).
Sensible Symptome, d.h. eine Störung des „Gefühls“, sind nicht typisch. Dies ist häufig wichtig zur Abgrenzung von anderen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose und einer Polyneuropathie.
Es kann je nach Erkrankungsausprägung zu einer Schädigung der Motorischen Nervenzelle im Gehirn und Rückenmark (‚1.Motoneuron‘) mit daraus folgender spastischer Lähmung und/oder der Motorischen Nervenzelle die vom Rückenmark zu den Muskeln zieht (‚2. Motoneuron‘) mit daraus resultierender schlaffer Lähmung kommen.
Die folgenden Krankheitsbilder werden zu den Motoneuronerkrankungen gezählt:
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
- Spinale Muskelatrophie (SMA)
- Spinobulbäre Muskelatrophie (SBMA) Typ Kennedy
- Hereditäre Spastische Paraplegie (HSP)
- Post-Polio-Syndrom (PPS)
Welche Symptome sind typisch für Motoneuronenerkrankungen?
Die häufigste Motoneuronerkrankung ist die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Hauptsymptome der ALS sind eine zunehmende Muskelschwäche an Armen und Beinen sowie Probleme beim Sprechen und Schlucken. Diese Symptome schreiten häufig relativ schnell innerhalb weniger Jahre voran. Therapeutisch ist in Deutschland das Medikament Riluzol zugelassen, zudem gibt es seit 2017 u.a. in den USA, der Schweiz und Korea eine Zulassung für das Medikament Edaravone (nicht in der EU). Daneben gibt es eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten, um einzelne Symptome der Erkrankung, wie z.B. Muskelkrämpfe oder vermehrten Speichelfluss, abzumildern. Neue Therapien werden aktuell in klinischen Studien untersucht. Die Versorgung von Patienten mit einer ALS sollte in einem multidisziplinären Team unter Einbindung einer Spezialambulanz erfolgen.
Die spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine erbliche Motoneuronerkrankung, die häufig schon im frühen Kindesalter beginnt. Es gibt allerdings auch Verlaufsformen, die erst im frühen Erwachsenenalter zu ersten Symptomen führen. Dabei kommt es zu einer fortschreitenden schlaffen Muskelschwäche an Armen und Beinen. Bei der klassischen Form der SMA (Deletion des SMN1-Gens) gibt es inzwischen die Möglichkeit, mit spezifischen Medikamenten die Erkrankung auch kausal zu behandeln mit der Hoffnung, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Zudem kommt weiterhin der Physiotherapie ein wichtiger Stellenwert zu.
Wie werden Motoneuronenerkrankungen diagnostiziert?
Die Diagnostik von Motoneuronerkrankungen erfordert eine gute Abgrenzung zu anderen Erkrankungen mit einem ähnlichen Erscheinungsbild. Dabei ist vor allem die sorgfältige klinisch-neurologische Untersuchung durch einen Experten wichtig. Zusätzlich kommen elektrophysiologische Untersuchungen wie die Elektromyografie (EMG) und die Neurografien (ENG), bildgebende Verfahren wie das MRT und die Sonografie, die Liquoruntersuchung sowie Labordiagnostik inklusive genetischer Untersuchungen zum Einsatz.
Wie werden Motoneuronenerkankungen behandelt?
Therapeutisch gibt es bislang nur bei sehr wenigen Motoneuronerkrankungen eine kausale Behandlung. Daher ist die sichere Diagnosestellung entscheidend. Es gibt darüber hinaus zahlreiche effektive symptomatische Therapien, um die Beschwerden wie z.B. Schmerzen, Muskelkrämpfe und Bewegungseinschränkungen zu mildern. Wichtig ist daneben das frühzeitige Erkennen und die Behandlung von nächtlichen Atemstörungen und von Schluckstörungen. Dabei kommen neben Medikamenten und Physiotherapie/Logopädie auch Hilfsmittel wie eine nächtliche Heimbeatmung, Ernährungssonden, Orthesen und Roboter zum Einsatz. Ausserdem bieten wir regelmässig die Teilnahme an innovativen neuen klinischen Studien an.
Die Klinik für Neurologie der UMG bietet die komplette Diagnostik und alle Behandlungsmodalitäten von allen Motoneuronerkrankungen einschliesslich von klinischen Studien in ihrer Spezialambulanz an.
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