Prächirurgische Epilepsiediagnostik

Voraussetzung

Die prächirurgischen Epilepsiediagnostik wird durchgeführt, wenn sich abzeichnet, dass die Epilepsie nicht durch Medikamente kontrollierbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn mindestens zwei geeignete Medikamente in ausreichender Dosis eingenommen wurden, aber nicht zur Anfallsfreiheit geführt haben.

Ziel

Bei bestimmten Formen der Epilepsie besteht die Möglichkeit eines chirurgischen Eingriffes. Solch ein Eingriff hat das Ziel, den Bereich, von dem die epileptischen Anfälle ausgehen, gezielt zu entfernen. Bereiche des Gehirns die für wichtige Funktionen, wie z.B. Gedächtnis, Sprache oder Bewegung zuständig sind, müssen dabei geschont werden. Ziel ist eine dauerhafte Anfallsfreiheit oder zumindest eine spürbare Reduktion der Anfälle. Mitunter besteht die Möglichkeit die antiepileptische Medikation zu reduzieren oder gar ganz abzusetzen.

Vorgehen

Um zu klären, ob eine Operation bei Ihnen möglich und erfolgsversprechend ist, müssen viele, teilweise aufwendige Untersuchungen durchgeführt werden. Das Gehirn ist das komplizierteste Organ des menschlichen Körpers und die Epilepsie kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein. Bevor man sich für eine Operation entscheidet, müssen alle entscheidenden Faktoren im Rahmen eines Video-EEG-Monitoring geklärt werden. In der Regel dauert ein Aufenthalt 10-14 Tage.

Ein Patentrezept gibt es nicht - die nachfolgend aufgezählten Untersuchungsmöglichkeiten müssen auf jeden Patienten individuell zugeschnitten werden.

Nicht invasive Untersuchungen

Langzeit-Video-EEG mit Oberflächenelektroden

Hierbei erfolgt eine Langzeit-Ableitung der Hirnströme mit gleichzeitiger Aufzeichnung von Bild und Ton. Die Aufzeichnung erfolgt durchgängig, d.h. 24h jeden Tag. Die Hirnströme (EEG) werden mittels Oberflächenelektroden abgeleitet, die mit einem speziellen Hautkleber auf der Kopfhaut befestigt werden

Kernspintomographie-Untersuchung des Kopfes (MRT)

Das MRT ist ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung des Gehirns. Es erfolgen dabei ggf. Spezialaufnahmen der vermutlich betroffenen Region. Wird der Epilepsiefokus in der Nähe des Sprachzentrums vermutet, ist es möglich, dass ein funktionelles MRT (fMRT) zur Lokalisation des Sprachzentrums durchgeführt wird. Ebenso können auch die Motorik-Zentren dargestellt werden.

high-density EEG

Bei der „normalen“ EEG-Ableitung werden meist 24-30 EEG Elektroden verwendet. Wir haben als eines der wenigen Zentren in Deutschland die Möglichkeit, Epilepsie-Aktivität mit einem high-density EEG abzuleiten. Damit ist es möglich, den Ursprung des EEG-Musters viel präziser zu lokalisieren. Die Ableitung erfolgt mit einer Spezialhaube, die aus 256 Elektroden besteht., die entweder kleine wasser-getränkte Schwämmchen oder Elektrodennäpfe mit Kontaktpaste enthält. Der genaue Zeitpunkt der Untersuchung und die Ableitdauer (2-24 h) hängt davon ab, wie häufig und wann die Epilepsie-Aktivität bei Ihnen auftritt.

FDG-PET Untersuchung

Dabei wird Ihnen ein schwach radioaktiver Zucker (Glukose) intravenös verabreicht. Mit einer speziellen Bildgebung wird die Anreicherung dieser Substanz im Gehirn gemessen. Eine verminderte Anreicherung spricht für Gebiete, die funktionseingeschränkt sind. So können Hinweise auf geschädigte bzw. durch die Epilepsie beeinträchtige Bereiche im Gehirn gewonnen werden.

Neuropsychologische Testung

Bei dieser Untersuchung wird eine Reihe von spezifischen Tests durchgeführt, die u.a. Ihre Gedächtnisleistung testen. Bestimmte Gebiete des menschlichen Gehirns übernehmen spezielle Aufgaben. Bei einer Leistungsminderung in einem bestimmten Aufgabenbereich kann auf den vermutlich geschädigten Teil des Gehirns rückgeschlossen werden. Die Testaufgaben decken das gesamte, übliche Leistungsspektrum ab. Manche sind sehr leicht, andere sehr schwer. Es ist normal, dass Sie bei einigen Aufgaben auch Fehler machen werden.

Am Ende Ihres Aufenthalts stellen wir alle Untersuchungsbefunde zusammen und diskutieren diese in einer monatlichen fachübergreifenden Fallkonferenz mit Experten aus der Neurologie, Neurochirurgie, Neuroradiologie und Neuropsychologie. Wir klären in dieser Konferenz, ob eine OP in Frage kommt, ob weitere Untersuchungen nötig sind und welche Risiken eine OP für Sie hätte. Sie erhalten anschließend einen Bericht mit einer Empfehlung. Dieser wird Ihnen und ggf. Ihren Angehörigen bei einem separaten Termin in unserer Ambulanz erläutert.

Bei einigen Patienten führen die oben beschriebenen Untersuchungen noch nicht zu ausreichenden Erkenntnissen. Für diese Patienten besteht die Möglichkeit der invasiven Diagnostik, um den epileptischen Fokus noch präziser zu lokalisieren. Mit Hilfe der invasiven Ableitung kann epileptische Aktivität aufgezeichnet werden, die im Oberflächen-EEG nicht zu sehen ist. Weiterhin können mögliche Risiken bei Entfernung dieses Areals noch besser erfasst werden.

Invasive Untersuchungen

Langzeit-Video-EEG mit invasiven Elektroden

Dafür ist eine Operation notwendig, um Elektroden im bzw. am Gehirn zu platzieren. Es gibt verschiedenste Formen dieser Elektroden. Bei uns werden in der Regel Tiefenelektroden verwendet. Diese werden durch kleine Bohrlöcher ins Gehirn eingebracht, die Elektroden selbst sind dünne Drähte. Durch exakte Planung können mit diesen Elektroden fast alle Bereiche des Gehirns zielgenau abgeleitet werden. Dabei werden in der Regel mehrere Tiefenelektroden (meist 6-12) eingebracht. Während der invasiven Ableitung wird man versuchen Anfälle aufzuzeichnen um den Ursprung der Anfälle genau zu lokalisieren. Die Ableitung mit invasiven Elektroden dauert meist zwischen 8 und 10 Tagen. Danach werden die Elektroden bei einem kleinen Eingriff durch den Neurochirurgen entfernt. Die Operationen sind für erfahrene Neurochirurgen Routineeingriffe und mit einem geringen Risiko behaftet.

Elektrische Stimulation

Die implantierten Elektroden bieten die Möglichkeit, durch elektrische Reizung einzelner Kontakte der Elektroden wichtige Funktionsareale von krankhaft veränderten Gebieten abzugrenzen. Diese Informationen benötigt der Neurochirurg, um gesunde Bereiche zu schützen und bei einem etwaigen Eingriff auszusparen.

Das könnte Sie auch interessieren

Folgen Sie uns